Streuobstwiesen


Obstbaumschnitt am Jungbaum

Foto: Birgit Röttering
Foto: Birgit Röttering

Was ist ein Jungbaumschnitt?

 

Erst einmal, was gilt als Jungbaum? Als Jungbaum auf einer Streuobstwiese und damit als Jungbaumschnitt bedürftiger Baum, gelten pauschal alle Bäume bis zu einem Alter von 10 Jahren. Hierbei wird allerdings nicht das Tatsächliche Alter des Baumes gerechnet, sondern ab dem Zeitpunkt der Pflanzung auf dem Standort.

 

Warum?

 

Beim Obstbaumschnitt verfolgt man im Wesentlichen drei Ziele. Steigerung der Vitalität, um einen möglichst hohen Ertrag und optimalen Wuchs zu erzielen, Aufbau einer statisch stabilen Krone damit bei schwerem Behang keine Äste abbrechen und die Formung einer gut nutzbaren Baumkrone zur Erleichterung der Ernte, durch einen optimalen Zugang zum Kronenbereich per Leiter. Außerdem kontrolliert man beim sogenannten Jungbaumschnitt genau, welche Äste später die sogenannten Leitäste werden sollen, also die Hauptäste, die aus der Stammverlängerung heraus entspringen, die Krone Bilden und an denen später die Früchte gebildet werden. Eine wichtige Regel beim Jungbaumschnitt im Winter ist, je mehr man schneidet, umso stärker treibt der Baum in der nächsten Wachstumsphase aus den übrig gebliebenen Knospen wieder aus, denn hier steckt der Baum dann seine gesamte Energie. Es klingt zwar paradox, aber demnach sollte man gerade schwachwüchsige oder weniger vital aussehende Bäume stark zurückschneiden, ganz nach dem Motto immer auf die kleinen.

 

 

 

Welches Vorgehen?

 

Beim Jungbaum-Schnitt gibt es mehrere Faktoren die beachtet werden sollten. Zu nächst ist es wichtig, sich zu überlegen, welche Äste als sogenannte Leitäste fungieren sollen und welcher in der Mitte die Stammverlängerung bilden soll. Es sollte hier 3 bis 4 Leitäste geben und darauf geachtet werden, dass diese in einigem Abstand, falls möglich, voneinander getrennt und in verschiedene Richtungen aus der Hauptachse heraus entspringen. Welche Äste dafür in Frage kommen, gibt der Baum zu einem Großteil selbst vor und richtet sich auch nach dem Standort des Baumes. Ist eine Seite des Baumes einem eher schattigen Bereich zugewandt, wird der Baum in diese Richtung eher weniger starke Äste ausbilden. Um Photosynthese zur Energiegewinnung betreiben zu können, strebt ein Baum in der Regel zu Bereichen hin, die mehr Sonnenlicht abbekommen, als schattige Bereiche. Dies gilt es bereits im Vorfeld bei der Pflanzung zu berücksichtigen. Bei den Leitästen ist es wichtig, dass diese möglichst im 45° Winkel zur Hauptstammachse stehen. Dies ist deshalb wichtig, denn wenn der Baum viel trägt, zieht es die Äste nach unten und stark nach unten hängende Äste werden mit weniger Nährstoffen versorgt und vom Baum als untergeordnet angesehen, oder laufen Gefahr abzubrechen.

Ist die Wahl getroffen, welche Äste die Leiteäste sind oder die späteren Leitäste werden sollen, sollten alle von dort aus entspringenden Äste, die in die Mitte zur Stammverlängerung hin wachsen entfernt werden. Dies hat den Effekt, dass der Mittlere Kronenbereich optimal mit Licht versorgt wird, was die Vitalität des Baumes steigert.

 

Beim Jungbaum-Schnitt ist es auch wichtig die Enden der Leitäste einzukürzen. Hierbei gilt die Faustregel etwa ein Drittel des einjährigen Holzes, also das Holz, welches in der letzten Wachstumsphase gewachsen ist einzukürzen.

Untergeordnete Äste oder konkurrierende Äste, also Äste, am Ende oder im mittleren Bereich der Leitäste, die entweder schwach im Wuchs sind oder in Konkurrenz zur gewünschten Wuchsrichtung des Leitastes stehen oder zu dominant gegenüber dem Leitast sind, sollten ebenfalls entfernt werden. Ein weiterer Punkt ist, dass sich Kreuzende Äste ganz herausgenommen, also aufgelöst werden sollten, da diese sich sonst im Wuchs gegenseitig behindern oder zusammenwachsen könnten.

Mehrjährige Äste, die der Stammverlängerung entspringen, sollten in den ersten Jahren nach der Pflanzung, zum Zweck des optimalen Kronenaufbaus ebenfalls stark gekürzt werden, oder ganz abgeschnitten werden. Hier gilt als Daumenregel, alles über Daumendick sollte entfernt werden, solange sich die Krone noch im Aufbau befindet, auch weil beim späteren Entfernen recht große Wundstellen an der Stammverlängerung entstehen würden. An großen Wundstellen besteht immer die Möglichkeit eines Pilzes- oder anderen Schädlingsbefalls, da der Baum hier geschwächt ist, also eine Wunde hat. Möchte man im Folgejahr nach dem Schnitt Ertrag am Baum haben, sollten jedoch auch mehrjähriges Äste stehen gelassen werden, denn nur an zwei- oder mehrjährigen Ästen wird der Baum Blütenanlagen ausbilden, aus denen nach der Bestäubung Früchte heranwachsen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Äste von der Stammverlängerung aus eine möglichst horizontale Wuchsrichtung haben. Horizontale Äste sind den Leitästen untergeordnet. Stehen diese Äste in einem zu steilen Winkel zur Stammverlängerung nach oben würden sie gegenüber den Leitästen zu dominant und selbst zu Leitästen werden.

 

 

Damit die Mitte, sprich Stammverlängerung auch der Dominante Part im Wuchs am Baum bleibt, ist es wichtig, dass dieser Teil der höchste am Baum ist. Dieser sollte ca. 20cm oder eine Handlänge länger sein, als die Enden der Leitäste. Außerdem muss eine Entscheidung getroffen werden, welcher Ast die Hauptachse weiterbildet. Sollten an der Spitze mehrere Äste nach oben entspringen, muss man sich für einen entscheiden, denn Vergabelungen im oberen Bereich der Stammverlängerung bewirken zum einen eine nach oben Wandern der Baumkrone und zum anderen, dass hier ein erhöhter Anteil an Nährstoffen hin transportiert wird, wodurch es in diesem Teil zu einer dominanten Stellung im oberen Bereich kommt und nach und nach die unteren Leitäste abgeworfen werden würden.

Beim Einkürzen von Ästen im Allgemeinen ist es wichtig darauf zu achten, einige Millimeter über dem darunterliegenden Auge abzuschneiden niemals direkt über oder auf dem Auge. Außerdem ist es wichtig, dass das darunterliegende Auge nach außen, also von der Stammverlängerung aus in die entgegenliegende Richtung zeigt, denn dort entspringen in der nächsten Wachstumsphase die neuen Äste, von wo aus der Baum weiterwächst und es ist erstrebenswert, dass die Krone in die Breite wächst.

Als letzten Punkt ist es wichtig, alle Äste die unterhalb der Krone entspringen zu entfernen. Lässt man diese stehen, kann es sein, dass diese Äste zu neuen Leitästen werden und sich das Kronenbild nach unten verschiebt. Gerade für Hochstämmige Obstbäume ist dies nicht wünschenswert. Außerdem, würden Äste die unter der Veredelungsstelle entspringen, dann das Obst der sogenannten Auflage tragen, also von der Sorte auf der die gewünschte Sorte ursprünglich draufgesetzt wurde.

 

Achtung! Beim Entfernen von Ästen immer so nahe wie möglich am Ursprungsort abschneiden und keine Stummel stehen lassen. Dies fördert den Heilungsprozess der Schnittstelle. Von einem Schnittpunkt aus entspringen in der Regel von den nächsten drei Augen neue Astanlagen. Mit diesem Wissen kann man den Wuchs des Baumes bzw. den Kronen Aufbau am Jungbaum in die optimale Richtung lenken.  Letztendlich entscheidet allerdings immer der Baum was für ihn am besten ist.

 

 

Zu welcher Zeit?

 

Es gibt mehrere Zeiträume, wann es Sinn macht einen Jungbaumschnitt vorzunehmen. Dies hängt ganz davon ab, was man erreichen möchte. Ein Schnitt im Spätherbst oder Winter bewirkt ein stärkeres Wachstum in der nächsten Wachstumsphase und ein Schnitt im Sommer bremst das Wachstum aus. In den dazwischenliegenden Zeiträumen erreicht man ein dazwischenliegendes Ergebnis. Geht es also darum, den Wuchs des Baumes zu fördern, empfiehlt es sich den Schnitt in den November zu legen. Möchte man den Baum im Wuchs begrenzen, sollte man im Juli schneiden.

 

Als eine der wichtigsten Regeln gilt aber, ein Baumschnitt mach nur Sinn, wenn man im nächsten Jahr und alle Jahre im Besten Fall, wiederkommt, denn solche Schnittarbeiten und ein Ergebnis, auf welches man abzielt und Baumpflege im Allgemeinen ist ein Langzeitprojekt und gemessen an der Lebenszeit der Bäume.

Text: Lukas Steck

 

 


Blumen auf der Streuobstwiese, Foto: Volker Unterladstetter
Blumen auf der Streuobstwiese, Foto: Volker Unterladstetter

NABU-Streuobstwiese Worringen

„Fährwiese“ steuert auf artenreiche Gewässer zu

Eine städtische Obstwiese unter vielen war sie noch vor wenigen Jahren, die NABU-Streuobstwiese in KölnLangel, in unmittelbarer Nähe der Rheinfähre. Vier Reihen aus ungepflegten Hochstamm-Obstbäumen, in gleichen Abständen streng auf die Fläche gesetzt. Dazu zwei alte, durchwachsene Heckenstücke und eine vergraste Wiese: Das alles schlief am Rande des Ortsteils Langel seinen Dornröschenschlaf. Darum herum: intensiv bewirtschaftete Agrar-„Normallandschaft“, so weit das Auge reicht.
Zwei Jahre später ist die umliegende Landschaft noch immer traurige Normallandschaft, doch auf unserer Obstwiese hat sich inzwischen einiges getan! Über die Hälfte der zum Teil arg aus der Form geratenen Bäume wurde inzwischen erstmalig von NABU-Aktiven beschnitten, und die restlichen Bäume warten schon auf ihren Schnitttermin. Wer Kenntnisse im Obstbaumschnitt erwerben möchte, kann sich im Winter gerne an der Pflege der Bäume beteiligen. An der Längsseite der Fläche, zur Straße hin, haben wir im Winter 2017 Heckensträucher nachgepflanzt, um die Lücke zwischen den beiden Altheckenteilen mittelfristig zu schließen. Nicht alle haben den trocken-heißen Frühsommer im Pflanzjahr überstanden, aber die meisten Pflanzen schlagen sich tapfer. In Gedanken sehen wir bereits Weinrose (Rosa rubiginosa), Schneeball (Viburnum opulus) und Kornellkirsche (Cornus mas) in prächtiger Blüte stehen.
Und auch die Wiese ist aus ihrem Dornröschenschlaf geküsst worden. Wie sehr eine ständige Mulchmahd Grünland verarmen lässt konnte man zu Beginn eindrucksvoll erkennen. Außer einigen wenigen Grasarten fanden sich kaum mehr Blütenpflanzen auf der Fläche. Keine guten Voraussetzungen für ein artenreiches Biotop. Also beschlossen wir, auf einem Ansaatstreifen inmitten der Fläche die schmerzlich vermissten Wiesenpflanzen zurück auf die Fläche zu bringen. Es versteht sich von selbst, dass dabei nur gebietsheimisches zertifiziertes Saatgut zur Anwendung kam. Seit 2017 pflegt das NABU-Pflegeteam die Fläche nun selber, mäht zu den richtigen Zeiten und räumt das Mahdgut von der Fläche ab. Dadurch kann die Wiese zum ersten Mal wieder durchatmen – und zeigt prompt, was in ihr steckt. An vielen Stellen konnten sich bereits die ersten Wildpflanzen etablieren, so dass wir in den kommenden Jahren nach der frühjährlichen Obstblüte mit ebenso reichen Blühphasen im „unteren“ Stockwerk der Streuobstwiese rechnen können.
Und die Entwicklung ist noch lange nicht am Ende. Als nächstes werden wir Insektennisthilfen auf der Fläche errichten. Über Mitstreiter, die Lust an der ökologischen Entwicklung der NABU-Streuobstwiese haben, freuen wir uns jederzeit. Übrigens: Wir ernten im Herbst bei gemeinsamen Termin das Obst. Helfer sind auch hier immer willkommen – und dürfen sich ihren Anteil an der „Beute“ gern mit nach Hause nehmen.

Text: Volker Unterladstetter


Auszeichnung NABU Streuobstwiese Worringen – Langel

Foto: Sevil Yildirim
Foto: Sevil Yildirim

Die erste Auszeichnung „Vorbildlicher Streuobstbestand“ im Rheinland ging vor einigen Tagen an den NABU Stadtverband Köln. Das vom Umweltministerium finanzierte „Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW“ setzt sich für den Schutz, Erhalt, Pflege und Neuanlage von Streuobstwiesen ein und zeichnet im Rahmen dessen in ganz NRW „Best-Practice“-Beispiele aus. Überreicht wurde dem NABU eine Plakette und eine Urkunde für die städtische „Fährwiese“ in Köln, die sich durch die intensive Pflege vieler Ehrenamtlicher zu einer vorbildlichen Fläche entwickelt hat. Nicht nur der jährliche Obstbaumschnitt gehört dazu, sondern auch die regelmäßige Wiesenmahd mit Sense und Balkenmäher und das anschließende Abrechen des Mahdguts von der gesamten Fläche. Damit haben keimende Jungpflanzen viel bessere Chancen sich zu entwickeln. Auch Frau Schmitten und Frau Höppner vom Amt für Landschaftspflege und Grünflächen der Stadt Köln gratulierten herzlich.

Erweiterung der NABU-Obstwiese

Bei schönstem Sonnenschein haben wir letzte Woche mit tatkräftiger Unterstützung der NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln die Erweiterung unserer Streuobstwiese im Kölner Norden bepflanzt.
Ganze 1.000 Quadratmeter sind neu dazugekommen und wurden durch 10 Obstbäume mit so illustren Sortenraritäten wie Neukirchener Butterbirne, Lütticher Ananaskalvill und Roter Böhmischer Jungfernapfel aufgewertet. Ergänzt wurde das Ganze durch 90 Wildgehölze wie Weißdorn, Hundsrose, Schneeball und Kornelkirsche, die die neue Fläche nun einrahmen und hoffentlich in naher Zukunft Nahrung sowie Versteck- und Nistmöglichkeiten für zahlreiche Vögel bieten.
Apropos Vögel: neben den üblichen verdächtigen Vogelarten wurde quasi als Sahnehäubchen der Pflanzaktion ein Wiedehopf auf der Streuobstwiese gesichtet. Ein schöneres Kompliment an diesen wertvollen Lebensraum kann man sich kaum vorstellen.